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Stellungen
Wie
auch immer man sich hinstellt - es muß zu den Waffen passen und der Technik, mit
der man kämpfen will. Das klingt banal, ist im Fall von Doppelwaffen aber
komplizierter, da man hier mehr Optionen hat. Zunächst einmal muß man sich
entscheiden, ob man den Gegner mit nur einer Waffe oder mit beiden Waffen
bedrohen will. Damit ergeben sich grundsätzlich zwei möglicher Stellungen. Wir
wollen sie hier als Fecht- und als Schildstellung bezeichnen:
Fechtstellung
Die
Fechtstellung bezeichnen wir hier als Fechtstellung, da die Fußstellung der
eines Schwertfechters mit nur einem Schwert entspricht. Man wendet dem Gegner
also die Seite zu, die Silhouette
ist möglichst schmal. Die Füße stehen im 90-Grad-Winkel zueinander. Die
Führungswaffe zeigt zum Gegner. Anders als beim „normalen“ Fechten kann (und
muß!) die Stellung auch seitenverkehrt ausgeführt werden können. Die
Zweitwaffe wird entweder seitlich oder in einer Unterhut vor dem Körper
gehalten.
Die Führungwaffe wehrt Angriffe des Gegners ab und bedroht ihn gleichzeitig.
Sie ist die erste und manchmal einzige Verteidigungslinie. Daher muß die Hut
besonders sorgfältig ausgeführt und der Situation angepaßt sein. Die Hut auf dem
Bild links ist am besten geeignet zur Abwehr von Hieben, die von links oder von
rechts kommen. Hiebe von oben (also zum Kopf) lassen sich mit dieser Hut in der
engen Mensur kaum mehr abwehren. Dafür ist man einfach zu
langsam!
Die Zweitwaffe kann den Gegner nicht ohne Ausfallschritt erreichen. Sie wird in
Reserve gehalten und wartet auf ihren Einsatz. Wie dieser dann vonstatten geht,
erfahren Sie im Kapitel Teamwork.
In der Fechtstellung hat die Führungswaffe die größte Reichweite von allen
Stellungen und nicht selten auch mehr Reichweite als der mit Schwert und Schild
bewaffnete Gegner. Die Fechtstellung eignet sich daher besonders gut, um den
Gegner defensiv auf Abstand zu halten. In der Fechtstellung zu kämpfen ist sehr
effizient und sieht auch noch extrem gut aus, erfordert aber hohes Können.
Schildstellung
Diese Stellung
bezeichnen wir hier als Schildstellung, weil sie der Stellung eines
Schildkämpfer am ehesten vergleichbar ist. Man denke sich einen
Schildkämpfer, nur daß er anstelle des Schildes ein zweites Schwert in der Hand
hält.
Die Führungswaffe hat weniger Reichweite als in der Fechtstellung. Dafür bedroht
man den Gegner mit beiden Waffen und kann und sollte mit beiden Waffen
gleichzeitig kämpfen. Das ist auch bitter nötig, denn man bietet dem Gegner mehr
Trefferfläche an. Daher ist eine sichere Deckung nur unter Einsatz beider Waffen möglich.
Indem man einen Fuß leicht nach vorne zum Gegner versetzt, kann man die
Schildstellung auch rechts- oder linksseitig ausführen, womit es auch wieder
eine Führungs- und eine Zweitwaffe gibt. Eine leicht versetzt Fußstellung
ermöglicht um den Preis eines Reichweitennachteils für die Zweitwaffe eine
schnellere Bewegung vorwärts oder zurück, was in der Regel absolut
empfehlenswert ist.
Die Schildstellung ist empfehlenswert, wenn der Gegner ebenfalls Doppelwaffen
oder einen Speer führt. Anfänger sind gegen Finten weniger anfällig, da man mit
beiden Waffen parieren und so rein prophylaktisch die ganz Linie schließen kann.
Außerdem ist die Schildstellung die Angriffsstellung in der engen Mensur. Wer
den Gegner ins Schwitzen bringen will, muß beide Waffen einsetzen - das ist nur
in der Schildstellung möglich.
Bei allem Variantenreichtum der Stellungen und Huten sollte man die
Grundregel beachten, daß die Führungswaffe die Deckungswaffe ist. Sie sollte
daher immer erhoben dem Gegner zugewandt sein. Die Zweitwaffe kann
unterstützen und nicht oder schlecht gedeckte Körperteile schützen. Die Deckung
mit der Zweitwaffe alleine ist höchst unvollkommen, daher sollte man den Körper
immer hinter die Linie bringen.
Außerdem sollte man immer eine Balanace anstreben. Wenn das Gewicht gleichmäßig
auf beide Füße verteilt ist, sind Reaktionen und Bewegungen am schnellsten. Da
die Waffen vorne sind, ruht immer etwas mehr Gewicht auf dem Führungsbein, aber
das sollte man im Sinne der Gewichtsverteilung nicht übertreiben. Man steuert
die Balance über die Position der Zweitwaffe. Nimmt man diese etwas zurück, verlagert sich
der Schwerpunkt des Körpers etwas nach hinten und man bleibt beweglicher.
Welche Stellungen oder Huten man verwendet, ist stark abhängig von den
Trefferregeln, nach denen man kämpft. Wenn Körperteile nicht getroffen werden
sollen oder dürfen, dann braucht man sie auch nicht zu schützen. Strebt man eine
einigermaßen realistiche Kampfsimulation an, sieht das natürlich ganz anders aus.
Die vormals optimale Hut erweist sich mitunter als tödlicher Fehler.
Kämpft man nach den üblichen Codex-Belli-Regeln (also ohne Kopf, Unterarme und
Unterschenkel), dann kann es angeraten sein, die Waffen realtiv niedrig zu
halten, um Torso und Oberarme zu schützen. Wird der Kopf in die Trefferzone
einbezogen, müssen die Waffen höher gehalten werden. Wer eine einigermaßen
realistische Kampfweise anstrebt, kann nicht auf den Kopf als Trefferzone
verzichten, da sich mit dem Kopf als Trefferzone Technik und Kampfweise zum Teil
dramatisch ändern.
Huten mit Kopfdeckung
Mit
dem Kopf als Trefferzone ist es vorbei mit der Codex-Belli-Gemütlichkeit. Je
nach Ausgangshut des Angreifers können Angriffe zum Kopf die schnellsten
überhaupt sein. Wer da nicht gut aufgestellt ist, hat schnell das Nachsehen.
Links eine Hut nach Giacomo di Grassi. (zum Hutenwechsel beachte den Clip im
Kapitel Bewegung) Die Führungswaffe macht nach vorne
klar, die Zweitwaffe schützt den Kopf. Die recht offene Innsenseite des
Torsos lädt den Gegner zu einem Angriff ein - in der engen Mensur bekommt man
hier ein Problem.
Die Hut ist eigentlich für zwei Rapiere gedacht, favorisiert das Stoßfechten und
ist auf die Dauer recht anstrengend. Die erhobene Zweitwaffe kann den Gegner
nicht mit einem direkten Hieb bedrohen, sondern soll ihn mit einem Stoß
aufspießen. Krummsäbel sind dafür nicht gerade geeignet und Stiche in der Regel
nicht erlaubt.
Rechts eine konservativere Hut mit Kopfdeckung. Die Führungswaffe schließt die
Linie zum Kopf und kann diesen auch in der engen Mensur gut schützen.
Problematisch: Ein Angriff mit der Führungswaffe öffnet eine Angriffslinie zum
Kopf. Die linke Hut nach di Grassi ist aber die einzige, in der die Zweitwaffe
den Kopf schützen kann!
Die Hut wirkt nicht nur sehr offen, gegen einen mit Schwert und Schild
bewaffneten Gegner ist sie es auch. Mit etwas Erfahrung lassen sich aber auch
fortgeschrittene Gegner komfortabel in Schach halten.
Auf die besonderen Probleme der Kopfdeckung beim Positionswechsel wird im
Kapitel Teamwork eingegangen.
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